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Habeck zur Sachsen-Anhalt-Krise:"AKK fällt eigenen Ministerpräsidenten in den Rücken" - n-tv NACHRICHTEN

Die Koalitionskrise in Sachsen-Anhalt ist weiter ungelöst. Grünen-Chef Habeck lobt zwar Ministerpräsident Haseloff für die Entlassung seines Innenministers. Im Interview mit ntv.de weist er aber Forderungen der Bundes-CDU scharf zurück - und unterbreitet eigene Lösungsvorschläge.

Im Streit um die Gebührenerhöhung für den Öffentlich-Rechtlichen Rundfunk hat Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff gestern seinen CDU-Landesparteivorsitzenden aus dem Kabinett geschmissen. Der bisherige Innenminister hatte zuvor ein nicht abgestimmtes Interview gegeben. Wie bewerten Sie diesen Schritt?

Es hat mir gestern wirklich imponiert, dass Herr Haseloff so konsequent gehandelt hat. Das zeigt, dass er weiß, was auf dem Spiel steht und dass er bereit ist zu kämpfen. Und ich hoffe, dass dieser Kampf mit dem Rauswurf nicht endet, sondern dass er dazu führt, dass es auch eine Lösung in der Sache gibt.

Was ist denn die zu lösende "Sache"? Dreht sich der Machtkampf in Sachsen-Anhalt tatsächlich um die Gebührenerhöhung?

Es geht nicht in erster Linie um die 86 Cent Gebührenerhöhung. Dahinter brodelt ein Machtkampf um die Ausrichtung der CDU. Bleibt sie eine Partei der demokratischen Mitte oder setzen sich - jetzt konkret - in Sachsen-Anhalt die Fliehkräfte nach rechts durch. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk spielt da als Symbol eine wichtige Rolle. Er ist das Feindbild der Rechtspopulisten, seit Jahren läuft ihr Angriff auf die Pressefreiheit. Und wenn relevante Teile der CDU in Sachsen-Anhalt da aufspringen, ist das kein unschuldiges Spiel. Wir stemmen uns dagegen und drängen darauf, dass es eine Lösung in Richtung Staatsvertrag geben muss.

Mit dem Abgang von Innenminister Stahlknecht ist der Konflikt zwischen der Landes-CDU auf der einen Seite und den Koalitionspartnern SPD und Grünen auf der anderen Seite nicht aus der Welt. Viele Christdemokraten verweisen auf den Koalitionsvertrag, der das Ziel der Beitragsstabilität festschreibt.

Beitragsstabilität heißt aber nicht Beitragssenkung. Was beschlossen wurde, die 86 Cent Erhöhung, gleicht nicht mal die Inflation aus. Und das Wort Beitragsstabilität findet sich auch in anderen Koalitionsverträgen, die von der CDU mitgetragen werden: in Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Mecklenburg-Vorpommern. Die Landesparlamente dort haben mit den Stimmen der CDU dem Rundfunkstaatsvertrag zugestimmt, genauso wie sämtliche CDU-Ministerpräsidenten.

Dennoch sieht die Bundes-CDU den Ball nun bei Grünen und SPD und fordert Sie auf, für den Fortbestand der Koalition in Magdeburg zu sorgen.

Die Grünen in Sachsen-Anhalt versuchen wahrlich nicht erst seit gestern, die Koalition zu retten. Aber man muss sich mal klarmachen, was der Aufruf von Annegret Kramp-Karrenbauer bedeutet: Die CDU-Führung in Person von Frau Kramp-Karrenbauer fordert implizit Grüne und SPD auf, den Rundfunkstaatsvertrag zu kippen. Damit fällt sie ihren eigenen Ministerpräsidenten in den Rücken. Das ist schon ein dicker Hund.

Die CDU in Sachsen-Anhalt stört sich ja nicht nur an den Gebühren, sondern übt insgesamt Kritik an den Öffentlich-Rechtlichen. Ist hier ein Zugehen auf die CDU denkbar?

Wir sehen Bedarf für Strukturreformen für den Öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Etwa die Notwendigkeit, dass Ostdeutschland sowohl personell als auch in der Berichterstattung stärker repräsentiert werden muss. Auch über die Rolle der Öffentlich-Rechtlichen in der digitalen Welt und gemeinsame Mediatheken müssen wir reden. Und es war die Grünen-Landtagsfraktion in Sachsen-Anhalt, die bei den Verhandlungen über den MDR-Staatsvertrag vorgeschlagen hat, die Intendantengehälter zu begrenzen - das hat aber die CDU abgeschmettert.

Neben der Repräsentanz Ostdeutschlands hatte sich der geschasste Innenminister auch an der inhaltlichen Ausrichtung der Öffentlich-Rechtlichen gestört. Der Osten ist konservativer und fühlt sich auch deshalb teilweise nicht gut vertreten. Muss man auf diese Kritik eingehen?

Das sind zwei unterschiedliche Sachen. Die Repräsentanz von Ostdeutschland muss besser werden, in viele Institutionen, ja. Das andere ist der Vorwurf, dass die Berichterstattung parteiisch sei. Herr Stahlknecht, da noch als Innenminister und Landesparteichef, hat eben nicht nur die Strukturen kritisiert, sondern die Art, wie der öffentlich-rechtliche Rundfunk berichtet. Es geht ihm darum, dass dieser sich politisch anders ausrichtet. Er schließt direkt an die Rechtspopulisten an - und ist damit nicht allein. Da darf man nicht naiv sein: Das ist ein Eingriff in die Pressefreiheit. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist unabhängig, er muss staatsfern sein, Parteien und Minister haben das zu akzeptieren.

Eine Strukturreform, für die Sie sich offen zeigen, kann aber nicht vor der Gebührenerhöhung beschlossen werden. Wie kommt die Koalition in Sachsen-Anhalt aus ihrem Dilemma?

Um die Koalition zu retten, gibt es noch Möglichkeiten. Einige haben meine Kollegen in Sachsen-Anhalt schon vorgeschlagen. Die eine ist, dass man angesichts der Corona-Lage die Gebührenerhöhung jetzt beschließt, sie aber erst etwas später einsetzt. Darüber müsste der Ministerpräsident mit seinen Kollegen sprechen. Die Zeit bis dahin kann man nutzen, um die Verhandlungen über eine Strukturreformen vorzuziehen. Die Ministerpräsidenten hatten ja schon beschlossen, dass es dazu Vorschläge geben soll, aber erst im Sommer 2022. Außerdem kann man für die Abstimmung den Fraktionszwang aufheben, wie es die CDU in Thüringen macht. Und auch beim MDR-Staatsvertrag ließen sich die Verhandlungen, an denen die Staatskanzlei von Sachsen-Anhalt beteiligt ist, für konkrete Fortschritte, nutzen.

Herr Merz, der als Favorit auf den CDU-Vorsitz gehandelt wird, hat Verständnis für die Position der CDU-Fraktion in Magdeburg geäußert. Entfernen sich CDU und Grüne immer mehr voneinander, je näher das Superwahljahr rückt?

Es gibt zweierlei CDU. Dieser Riss zieht sich quer durch die Fraktion in Sachsen-Anhalt, aber offenbar auch durch den Bundesverband. Friedrich Merz scheint Sympathien für eine Seite zu äußern, Armin Laschet für die andere. Da haben wir also zwei Bewerber für den Parteivorsitz, die sich völlig konträr positionieren. Markus Söder hat das Verhalten der CDU-Fraktion in Sachsen-Anhalt als inakzeptabel bezeichnet. Annegret Kramp-Karrenbauer fordert die Grünen indirekt auf, gegen die Stimmen von Söder, Laschet und den anderen Ministerpräsidenten, den Rundfunkstaatsvertrag fallen zu lassen. Die eine Union gibt es offenbar nicht, sondern mindestens zwei.

Droht der CDU gar eine Spaltung, wenn sich diese Krise weiter fortsetzt?

Ich habe vor allem die Sorge, dass dieses Zweierlei die Union lähmt. Der Machtkampf muss entschieden werden, und zwar hoffentlich zugunsten derjenigen, die eher auf Linie der Bundeskanzlerin sind.

Das Interview führte Sebastian Huld.

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