Search

Glänzen an der Seite des Ministers - FAZ - Frankfurter Allgemeine Zeitung

Denkbar diffus und dynamisch ist die Nachrichtenlage am Dienstag für Armin Laschet. Einerseits ist es ein schöner Zufall, dass am Morgen über die Ticker läuft: Nach Moderna hat nun auch der Impfstoffhersteller Biontech/Pfizer die europäische Zulassung beantragt. Seit einigen Tagen hatte der nordrhein-westfälische Ministerpräsident geplant, just am Dienstag gemeinsam mit Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (beide CDU) das Impfzentrum zu besuchen, das Mitarbeiter des Gesundheitsamts und der Feuerwehr der Landeshauptstadt derzeit unter Hochdruck in der Fußballarena aufbauen.

Mehr als 50 solcher Impfzentren werden derzeit allein im einwohnerstärksten Bundesland eingerichtet. Schon mehr als 7000 freiwillige Helfer aus allen medizinischen Berufen haben sich landesweit gemeldet – auch das ist eine mutmachende Nachricht. Die Corona-Impfung sei „eine medizinische, eine logistische Herausforderung von historischer Dimension“, sagt Laschet. „Um sie zu bestehen, brauchen wir einen engen Schulterschluss von Bund, Land und Kommunen.“ Deshalb freue er sich, dass Spahn das ebenfalls am Dienstag in der Arena tagende Landeskabinett besucht und die Pläne der Bundesregierung erläutert habe. Mit den nun zur Zulassung angemeldeten Impfstoffen seien „große Hoffnungen“ verbunden.

Team Spahn/Laschet – erfolgreich auf dem Platz?

Laschet rechnet damit, dass zum Jahreswechsel für Nordrhein-Westfalen rund eine Million Dosen zur Verfügung stehen. Nun gebe es die Chance, die Pandemie endgültig ausbremsen. „Mit dieser Aussicht wird 2021 für uns zu einem Jahr großer Hoffnungen werden. Es liegt jetzt an uns allen, bis dahin die Disziplin, die Regeln einzuhalten.“ Auch der Bundesgesundheitsminister betont, wie wichtig es ist, „weiter aufeinander aufzupassen“. Die noch zu bestehende harte Zeit sei „absehbar endlich“. Er sei beeindruckt, was in Nordrhein-Westfalen durch die Landesregierung in Kooperation mit den Kommunen auf die Beine gestellt werde, lobt der Bundesgesundheitsminister.

Der Termin in der Düsseldorfer Fußballarena ist eine gute Gelegenheit für Laschet, im Ringen um den CDU-Bundesvorsitz an der Seite seines Teampartners zu glänzen. Die Botschaft soll lauten: Während die beiden Konkurrenten Friedrich Merz und Norbert Röttgen von der Seitenlinie aus bestenfalls kluge Kommentare abgeben können, ist das regierungserfahrene Team Spahn/Laschet erfolgreich auf dem Platz.

Die Online-Flatrate: F+

Wenn da nicht das große Andererseits wäre. Glaubt man den Demoskopen, hat Laschet den Wahlkampf in eigener Sache dringender nötig denn je. In rascher Folge musste Laschet in den vergangenen Tagen schlechte Umfragewerte und Sticheleien zur Kenntnis nehmen. Laut aktuellem ARD-Deutschlandtrend verlor Merz, sein bisher schärfster Konkurrent im Ringen um den CDU-Vorsitz, im Vergleich zur vorangegangenen Erhebung in der Gunst der Parteimitglieder zwar acht Prozentpunkte. Merz liegt aber weiter klar in Führung. Und Laschet büßte sogar neun Punkte ein.

Vielleicht noch schlimmer aus Sicht des nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten: Der Außenpolitiker Norbert Röttgen legte vier Zähler zu, kommt nun auf 15 Prozent und verwies Laschet auf den dritten Rang. Käme es beim Bundesparteitag so, würde Laschet schon im ersten Wahlgang ausscheiden. Es wäre eine bittere Schmach. Wäre Laschet nicht auch in seinem Amt als Ministerpräsident beschädigt, wenn er es nicht wenigstens zu einem ordentlichen Ergebnis im Stichentscheid schafft?

Auf dem Parteitag wählen freilich CDU-Parteifunktionäre. Allgemeine Umfrageergebnisse geben deren Stimmung vermutlich nicht korrekt wieder. Zudem war Laschet in seiner bisherigen Karriere nie ein Umfrageliebling. Das spiegelt sich auch im jüngsten ZDF-Politbarometer. Auf der Skala der beliebtesten Politiker liegt der nordrhein-westfälische Ministerpräsident nun zwar zwei Plätze vor Merz, der es auf Rang zehn geschafft hat. Weit enteilt ist Laschet aber sein Teampartner Spahn. Für den Bundesgesundheitsminister haben die Demoskopen Platz drei ermittelt. All das befeuert das Gegrummel und Geraune in der CDU, ob es nicht besser wäre, der nordrhein-westfälische Ministerpräsident ließe dem Bundesgesundheitsminister den Vortritt.

Söder heizte Debatte weiter an

Und dann heizte am vergangenen Wochenende der CSU-Vorsitzende Markus Söder – den die Unionsanhänger in Umfragen regelmäßig am allerliebsten als ihren Kanzlerkandidaten sähen, obwohl er stets beteuert, sein Platz sei in Bayern – die Debatte kräftig an. Auf dem „Deutschlandtag“ der Jungen Union tat der bayerische Ministerpräsident mit Unschuldsmiene kund, er wolle der Schwesterpartei zwar keine Ratschläge geben, sie habe „drei hervorragende Bewerber“. Doch dann griff Söder die Gerüchte lustvoll auf: „Wer weiß, ob es bei den drei bleibt. Ist ja alles möglich in diesen Zeiten. Was man so liest.“

Kaum neun Monate ist es her – und damit nach pandemischer Zeitrechnung eine Ewigkeit –, dass Laschet in Berlin bekundete, CDU-Bundesvorsitzender und damit Kanzlerkandidat der Union werden zu wollen. Ein erstaunlicher Coup war dem nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten im Februar gelungen, indem er seinen bisherigen Kritiker und Rivalen Spahn als Teampartner an seine Seite holte. Der 59 Jahre alte Laschet und der zwei Jahrzehnte jüngere Bundesgesundheitsminister waren davor nicht nur in der Flüchtlingspolitik wie Feuer und Wasser. Gezielt setzte sich Spahn immer wieder auch in anderen Fragen von Kanzlerin Angela Merkel ab. Laschet dagegen wahrte demonstrativ die Nähe zu ihr.

Nun lautete der Plan der beiden: Gemeinsam decken wir ein breites Spektrum ab und stehen zugleich für Aufbruch und Kontinuität. Spahn konnte damit rechnen, dass es in der Partei gut ankommt, dass er einen Ehrgeiz zügelt, sich aber zugleich selbstbewusst die Thronfolgerposition sichert. Und eben Laschet dabei hilft, Merz und Röttgen elegant auszustechen.

Als das Coronavirus wenig später auch Deutschland mit Wucht erreichte, rückte die Frage, wer CDU-Vorsitzender wird, weit in den Hintergrund. Doch weil eine Krisenzeit stets die Zeit der Exekutive ist, schien Laschet als einziger ernsthafter Kandidat übrig geblieben zu sein. Doch bald zeigte sich in Umfragen: Obwohl das Pandemiemanagement in Nordrhein-Westfalen nicht schlechter als etwa in Bayern funktionierte, gelang es Laschet nicht, von seinem Amtsbonus zu profitieren. Bald kam in der CDU der Verdacht auf, dass Spahn seinen Bund mit Laschet als politischen Gefangenschaft empfinden könnte – und womöglich doch noch selbst antritt.

Wollen als Team für Aufbruch und Kontinuität stehen: Armin Laschet und Jens Spahn (rechts)

Wollen als Team für Aufbruch und Kontinuität stehen: Armin Laschet und Jens Spahn (rechts) : Bild: EPA

Auf Söders Satz „Wer weiß, ob es bei den drei bleibt“ angesprochen, sagt Spahn am Dienstag launig, er habe das „jedenfalls nicht als Ankündigung einer Kandidatur“ des bayerischen Ministerpräsidenten wahrgenommen. Die Gründe, weshalb Laschet und er sich im Februar zum Team zusammentaten, „gelten im übrigen fort“. Die zeitweilig entgleiste Diskussion über die Verschiebung des CDU-Bundesparteitags und die heftigen Vorwürfe von Friedrich Merz gegen das angebliche Partei-Establishment sieht Spahn als Beleg dafür, wie wichtig Teamwork und gemeinsames Auftreten sind. Die ungute Weise, wie man vor der Pandemie in der CDU miteinander umgegangen sei, sei bei dieser Gelegenheit wieder zum Vorschein gekommen, analysiert Spahn.

„Wenn wir nicht nur einen Kanzlerkandidaten wollen, sondern vor allem auch wieder einen Kanzler nach Angela Merkel stellen wollen, müssen wir jedenfalls eins schaffen: dass wir gemeinsam stark sind, zusammenbleiben im Team, das hilft in der Pandemie, und das hilft genauso in der Union.“ Rasch gibt Spahn seinem Parteifreund Merz in der Düsseldorfer Arena noch einen Rempler mit – robust, aber gerade noch fair: „Jeder sieht ja jetzt, dass der Parteitag nicht in dieser Woche hätte stattfinden können.“

Ärger um Rolle von Laschets Sohn bei Masken- und Schutzkittel-Lieferauftrag

Ob Laschet sich über Spahns Worte freut, verrät sein Mienenspiel nicht. Vielleicht ist der Ministerpräsident in Gedanken noch bei einer Sache, die in der Pressekonferenz kurz zuvor zur Sprache kam. Am Wochenende war bekannt geworden, dass Laschets Sohn Johannes bei einem großen Masken- und Schutzkittel-Lieferauftrag des Landes im Volumen von 38,5 Millionen Euro an das Unternehmen van Laack als Türöffner fungiert hatte. Später bekam die Firma aus Mönchengladbach auch von der Landespolizei weitere Aufträge – weil es nach Angaben des Innenministeriums das beste Angebot gemacht hatte.

Johannes Laschet ist neben seinem Studium als Modeblogger aktiv und arbeitet seit einigen Jahren auch für van Laack, weshalb die SPD unter dem Motto „Influencer-Marketing in der Staatskanzlei“ nun einen Skandal wittert. In einer kleinen Anfrage will die größte Oppositionspartei unter anderem wissen, welchen Einfluss die Geschäftsbeziehungen von Johannes Laschet „zum Modehersteller van Laack auf die Auftragsvergabe der Landesregierung“ gehabt haben und ob „Provisionen für Vermittlungstätigkeiten“ geflossen sind.

Der Ministerpräsident reagiert für seine Verhältnisse ungewöhnlich scharf und emotional auf die Vorwürfe. Er empfindet sie offenbar als grobes Foul. „Ich halte die Unterstellungen der SPD für schäbig und unanständig“, sagte er. Bei der nordrhein-westfälischen Sozialdemokratie gehöre „Diffamieren zum Stilmittel. Aber die neue Qualität ist jetzt, dass es über meine Person hinaus in meine Familie hineingeht, ohne jede Rücksichtnahme.“

Der Ministerpräsident erinnert daran, wie unendlich schwer es zu Beginn der Pandemie gewesen sei, genügend Masken und Schutzkittel zu besorgen. Verzweifelt habe seine Landesregierung damals seriöse Angebote möglichst aus Nordrhein-Westfalen gesucht. Man habe sich die Hände wundtelefoniert, gefragt, gedrängt, gebettelt. „Mein Sohn hat das gemacht, was jeder in der Situation gemacht hätte: helfen ohne jeden Lohn, ohne jeden Vorteil, ohne jeden Cent.“

Let's block ads! (Why?)

Artikel von & Weiterlesen ( Glänzen an der Seite des Ministers - FAZ - Frankfurter Allgemeine Zeitung )
https://ift.tt/3lC4hrr
Deutschland

Bagikan Berita Ini

0 Response to "Glänzen an der Seite des Ministers - FAZ - Frankfurter Allgemeine Zeitung"

Post a Comment

Powered by Blogger.